Am Freitag, dem 22. Januar, wurde die Eiskirche am Bulea von Geistlichen vier verschiedener Konfessionen eingeweiht: von der römisch-katholischen Kirche kamen Olivier Keresztes und Gheorghe Buciuman aus Kronstadt, von der griechisch-katholischen Stefan Crisan aus Girelsau, von der orthodoxen Ioan Chidu aus Freck. Von Seiten der evangelischen Kirche wurde die Einweihungshandlung von Stadtpfarrer Kilian Dörr / Hermannstadt und Pfarrer Uwe Seidner / Wolkendorf durchgeführt.
Wetterbedingt musste die Einweihung der Eiskirche, die nun schon im vierten Jahr ihr Bestehen feiert und dadurch zur Tradition geworden ist, mehrere Male aufgeschoben werden. Das lange Warten hat sich aber gelohnt: mit sagenhaftem Wetter und einer klaren Aussicht nach den Bergen wurden wir belohnt.
Die Mitglieder der Familie Klingeis, die die Hütte am Bulea-See betreiben, und somit auch jedes Jahr das Eishotel und die Eiskirche errichten lassen, waren erleichtert, dass dieses Ereignis endlich stattfinden konnte. Auf Wunsch der Familie soll die Kirche der Ökumene dienen.
Die Eisblöcke wurden aus dem zugefrorenen See herausgeschnitten. Jede Konfession sollte sich in dieser Kirche beheimatet fühlen. So ist es auch selbstverständlich, dass der Eistempel im Beisein der Vertreter der historischen Kirchen geweiht wurde.
Der Gedanke, am Gipfel des Berges einen geweihten Ort zu haben, wo man beten, singen oder meditieren kann, ist für mich selbst ein schöner Gedanke. Wenn man die Heilige Schrift durchgeht, wird man merken, dass der Mensch stets den Gipfel des Berges, die Höhen der Gebirge aufgesucht hat, um näher bei Gott zu sein. Immer wieder hatte das Volk Israel seine Höhenheiligtümer. Mose stieg auf den Berg Sinai um Gott zu treffen.
Am Vergangenen Sonntag feierten wir den letzten Sonntag nach Epiphanias. Es ist der Sonntag, an dem die Verklärung Jesu gefeiert wird. Dieses Fest ist ein bindendes Glied zwischen den Konfessionen, die alle einen großen Wert auf dieses Fest legen. Jesus steigt mit Petrus, Johannes und Jakobus auf einen Berg. Nach einigen soll es der Berg Tabor gewesen sein. Dort leuchtet das Antlitz Jesu in einem hellen Schein auf, und die Stimme Gottes spricht aus den Wolken: Dies ist meine lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.
Eines stimmt uns aber bei der Eiskirche nachdenklich. Sie ist der Vergänglichkeit anheimgestellt. Wenn das Frühjahr kommt schmilzt sie. Das war für die orthodoxe Schwesterkirche in den vergangen Jahren Grund genug, nicht an der Einweihung dieser Kirche teilzunehmen.
Die Kirche schmilzt zwar wenn das Frühjahr kommt, aber im nächsten Winter wird sie wieder aufgebaut. Als die Israeliten aus Ägypten auszogen und durch die Wüste gingen, schlugen sie jedes Mal, wenn sie eine Rast einlegten, auch ein kultisches Zelt auf, die Stiftshütte, in der sie sich zum Gebet und Gottesdienst versammelten. Als sie dann weiterzogen, wurde das Lager aufgelöst und die Stiftshütte abgebrochen, um am nächsten Ort wieder aufgebaut zu werden. Die Stiftshütte der Israeliten in der Wüste ist für uns die Eiskirche. Sie hält bis die warmen Temperaturen sie zum Schmelzen bringen; aber wenn es dann wieder kalt genug ist, wird sie in der herrlichen Schöpfung Gottes wieder aufgestellt, um jenen Gläubigen zu dienen, die die Höhe suchen. Die Kirche aus Eis ist nicht für die Ewigkeit bestimmt, aber das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit.
Uwe Seidner /
Wolkendorf