Eine ordentliche und gut eingespielte Blaskapelle zählte noch vor wenigen Jahrzehnten zu jenen Institutionen, die aus dem sozialen und kulturellen Leben eines siebenbürgischen Dorfes überhaupt nicht wegzudenken waren. Das galt in ganz besonderer Weise auch für die kleine Gemeinde Wolkendorf im Burzenland, war doch aus ihrer Mitte der weit über die Grenzen Siebenbürgens hinaus bekannte Kapellmeister und Komponist Martin Thies hervorgegangen, dessen Vermächtnis zu pflegen sich seine Landsleute stets verpflichtet fühlten.

So wurde in Wolkendorf immer viel Wert auf die Heranbildung des musikalischen Nachwuchses gelegt, und für Kinder und Jugendliche galt es als besondere Auszeichnung, bei den „Musikanten“ mitspielen zu dürfen. 1979 gründeten Hans Fröhlich und Hugo Domokosch eine Jugendblaskapelle, um die jungen Bläser gezielt auszubilden, zu fördern und an das „große“ Blasorchester heranzuführen.

Heute leben die jungen Leute von damals fast ausnahmslos in der Bundesrepublik, aber sie haben sich nicht aus den Augen verloren und die Musik steckt ihnen immer noch im Blut. Unter der Leitung von Hans Fröhlich treffen sie sich regelmäßig, um gemeinsam zu proben, und wenn sie in den letzten Jahren bei verschiedenen Veranstaltungen als „Blaskapelle der Heimatgemeinschaft (HG) Wolkendorf“ auftraten, fanden nicht nur die eigenen Landsleute Gefallen an dem umfangreichen Repertoire und dem gekonnten Vortrag.

Mitte August dieses Jahres feierte nun die Wolkendorfer „Jugendblaskapelle“, der heute etwa 20 nicht mehr ganz so jugendliche Herren angehören, ihr dreißigjähriges Bestehen mit einem Jubiläumsfest in der alten Heimat.

Etwa 70 Personen – Mitglieder der Blaskapelle mit ihren Familien, Freunden oder Bekannten – waren aus dem gesamten Bundesgebiet angereist. Das evangelische Erholungsheim von Wolkendorf bot denjenigen, die nicht bei Familienangehörigen oder Freunden unterkommen konnten, ein komfortables Quartier mit genügend Raum zum geselligen Beisammensein und war gleichzeitig auch der Ausgangspunkt für vielerlei Ausflüge, Wanderungen oder Besichtigungsfahrten in die nähere Umgebung.

Die von HG-Vorstand Klaus Guess und seiner Stellvertreterin Inge Petyan mit organisierte und sorgfältig vorbereitete Jubiläumsfeier begann am Sonntag, dem 16. August, mit einem gut besuchten Festgottesdienst, für dessen musikalische Mitgestaltung die Blaskapelle sorgte. Anschließend begaben sich die Anwesenden geschlossen auf den Friedhof, um in einer Feierstunde Martin Thies, den berühmten Sohn der Gemeinde, zu ehren und an dessen Grabstätte eine von der Heimatgemeinschaft gestiftete Gedenktafel anzubringen. Enthüllt wurde diese von der zwölfjährigen Verena Zimmermann, einer Ur-Urenkelin des Komponisten, die ihr Vater Torsten Zimmermann (ein begabter Trompeter, der – das versteht sich – von Beginn an in der Blaskapelle dabei war) in die Heimat ihrer Vorfahren mitgenommen hatte.

Nach dem besinnlich-ernsten Festprogramm folgte der fröhlich-gesellige Teil der Veranstaltung. Angeführt von der Blaskapelle, marschierte man im Festzug zum Wolkendorfer Gemeindesaal, wo die Bläser mit dem bekannten „Seminaristenmarsch“ von Martin Thies eine abwechslungsreiche musikalische Darbietung eröffneten, die nicht nur zum andächtigen Lauschen, sondern auch zum Tanzen und Mitsingen einlud. Auch kulinarisch stand der Tag ganz im Zeichen der heimatlichen Tradition: Bei Grillsteaks und „Mici“, bei duftendem Kaffee und knusprig- frischem Baumstriezel ließ es sich gut feiern, und auch für ein gutes Gespräch fand sich ausreichend Zeit. Die aus dem fernen Deutschland zu Besuch gekommenen Wolkendorfer und die etwa 30 noch „Daheimgebliebenen“, die zirka 70 Gäste und Ehrengäste aus den Nachbargemeinden Neustadt, Weidenbach und Kronstadt – sie alle verbrachten einen heiter-unbeschwerten Sommertag miteinander, der manch einen an ein Dorffest früherer Tage erinnerte.

Ute Rill

Wolkendorfer Blaskapelle vor dem “Konfirmandenzimmer”. Foto: Hans Rill