So lautete das Thema mit dem sich die evangelische Jugendgruppe aus Wolkendorf jüngst innerhalb einer Jugendrüstzeit im kirchlichen Jugendzentrum in Techirghiol am Schwarzen Meer beschäftigte. Es galt eine fremde religiöse Identität kennen zu lernen. Durch das Kennenlernen von etwas Fremden, etwas Neuem wurden die Jugendlichen dazu motiviert auch vor allem über die eigene religiöse Identität nachzudenken. Dazu bot sich das kulturelle und religiöse Leben der tatarischen islamischen Minderheit an. Die Jugendlichen erkannten auch dadurch, dass nicht nur wir als deutsche Minderheit in einem orthodox geprägten Umfeld leben, sondern dass es noch andere gibt, die eine eigene Kultur und Religion leben. Um den Kontakt mit dieser fremden Kultur eigentlich aufnehmen zu können, konnten ich auf die Kontakte der Evangelischen Akademie aus Neppendorf zurückgreifen. Der Kultusberater Ablachim Onder vom Muftyat, der mehrmals an Sommerkonferenzen der Evangelischen Akademie in Mangalia teilnahm, nahm unser Vorhaben sehr gastfreundlich zur Kenntnis und vermittelte uns die verschiedenen Begegnungen. Den ersten Kontakt mit der Religion und Kultur der Tataren hatten die Jugendlichen in Mangalia. Hier besichtigten wir die älteste Mosche Rumäniens, errichtet im 16. Jahrhundert. Obwohl im  Islam zu dieser Zeit die große Fastenzeit, der Ramadan, begangen wurde, nahm sich eine Mitarbeiterin der Gemeinde die Zeit, um uns die Moschee zu zeigen, uns in die Grundlagen ihrer Religion einzuführen und Fragen der Jugendlichen zu beantworteten. Wir erhielten sogar die Erlaubnis, das Minarett zu besteigen, von wo aus jeden Tag der Muezzin fünf Mal zum Gebet ruft. Die zweite Station war die „Kralmoschee“ in Konstanza. Diese Moschee geht auf König Karl I. zurück, der den Bau dieser Moschee sogar finanziell unterstützte. Hier durften wir sogar bei einem Gottesdienst teilnehmen, eine einmalige Erfahrung für die Jugendlichen. Nach dem Gottesdienst nahm sich der Imam Bagis Sahinghirai Zeit um auch die verschiedenen Fragen der Jugendlichen zu beantworten. Erstaunlicher Weise stellten die Jugendlichen ungehemmt Fragen über die Traditionen und die verschiedenen religiösen Eigenheiten des Islam. Vor allem interessierte es die Jugendlichen welches die Gemeinsamkeiten und welches die Unterschiede zum christlichen Glauben sind, was für eine Bedeutung Jesus und Maria für sie hat. Auch wollten die Jugendlichen wissen, was für eine Position die Frau in der Gemeinde hat. Geduldig erläuterte der Imam, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Jesus hat im Islam die Stellung eines sehr wichtigen Propheten. Sie glauben nicht, dass er Sohn Gottes. Sehr wichtig ist für sie auch die biblische Gestalt des Abraham, der ihr Stammvater sei. Mohammed, der allerletzte und wichtigste Prophet, sei direkter Nachfahre des Ismael, der Sohn Abrahams und seiner Dienerin Hagar. Auch erzählte er ausführlich über die Scharia, die Pilgerfahrt zu ihrem wichtigsten Heiligtum nach Mekka, an der jeder Gläubige im Leben einmal teilnehmen muss. Nach dem Gespräch waren die Jugendlichen sehr beeindruckt aber doch froh Christen zu sein. Vor allem die Mädchen schätzten die Toleranz und die liberale Einstellung des Christentums.
Da nun das Fremde kennen gelernt wurde, widmeten wir uns auch der eigenen religiösen Identität. Wir gingen bis zu den Wurzeln des Christentums zurück. Die Dobrudscha als Region ist Zeuge frühen Christentums. Entlang des Schwarzen Meeres siedelten griechische Händler. Sie waren es, die das frühe Christentum in diese Region brachten. Die orthodoxe Kirche beruft sich sogar auf den Heiligen Apostel Andreas, der in dieser Region missioniert haben soll. Fakt ist, dass die Archäologen Basiliken aus dem 4. Jahrhundert nachgewiesen haben. In Histria besuchten wir so eine Ausgrabungsstätte. Hier gab es sogar im späten 4. Jahrhundert einen bischöflichen Sitz.
Auch nahmen wir die Gelegenheit war und besuchten zwei Kirche, in denen bis zum Zweiten Weltkrieg lutherischer Gottesdienst gefeiert wurde. In Tariverde und Cogealac, wo einst die Dobrudschadeutschen lebten, konnten wir uns ein Bild von der aktuellen Situation machen. Diese Kirchen sind von den orthodoxen Gläubigen übernommen worden. Dadurch konnten sie erst erhalten werden. Natürlich sind diese Kirchen nun ausgemahlt und eine Ikonostase ist im Chorraum aufgestellt. Nur noch ein Gedenkstein vor der Kirche, der 2002 aufgestellt wurde, erinnert noch an die einstigen Bewohner und das einstige Glaubensleben. Automatisch stellten sich die Jugendlichen die Frage, ob auch die Evangelische Kirche in Siebenbürgen von diesem Schicksal eingeholt wird. Da waren sie aber fest überzeugt, dass dieses nicht eintreffen wird. Sie sind nämlich noch da…
Ein krönender Abschluss war eine Fahrt mit dem Boot durch verschiedene Kanäle des Donaudeltas. Die Flora und Fauna dieser atemberaubenden Region war ein Erlebnis…
Mit schönen Erinnerungen, nicht nur an den Strand und die Sonne und die Wellen, sondern mit zahlreichen Informationen und Eindrücken aus der Dobrudscha kehrten die Jugendlichen nach Wolkendorf zurück.
Das didaktische Ziel der Freizeit lag also auf zwei Ebenen: Vordergründig ging es darum, in der Schwarzmeerregion einen authentischen Eindruck vom Islam zu erhalten. Dieses war jedoch nicht das eigentliche Ziel, sondern die Jugendlichen sollten durch die Begegnung mit etwas Fremdem zur Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Standpunkt angeregt werden. Man kann auf dem didaktischen Umweg über die islamische Tradition zu sehr interessanten Gesprächen über die eigene Tradition kommen. Es ging selbstverständlich um die Förderung des christlichen Glaubens der Jugendlichen und nicht um Werbung für den Islam.

Links: Besuch in der Moschee zu Mangalia. Rechts: Gruppenfoto in Histria

Besuch in der Moschee zu Mangalia.

Links: Ehemalige Evangelische Kirche in Cogealac Rechts: Bootsfahrt im Donaudelta