Am 19. und 20. Juni unternahmen die Presbyterien von Wolkendorf, Neustadt und Weidenbach einen Ausflug in die Nachbarschaft des Repser Ländchens.
Das Repser Ländchen gehört zwar zum selben Kirchenbezirk Kronstadt, aber es ist irgendwie doch eine andere Welt. Eine der wichtigsten Fragen ist die: Wie sieht es mit der Zukunft der Gemeinden aus, wie wird das Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen erhalten, die aus dieser Gegend äußerst zahlreich ausgewandert sind. Um Reps herum sind noch ganz kleine Gemeinden, 14 an der Zahl, die von Pfarrer Siegmar Schmidt betreut werden. In diese Gemeinden machten wir uns auf. Als erstes lernten wir Herrn Kurator Thomae in Hamruden kennen; er empfing uns in der interessanten Kirchenburg, wo nach verschiedenen Umbauten der Chor nach Norden gerichtet ist. Der ursprüngliche Chor in Richtung Osten zeigt immer noch seine schönen Fresken unter dem Turm. Kurator Thomae blickt mit Schwermut auf das Vergangene zurück, er stellt sich nun die Frage, was aus alldem werden soll.
Es ging weiter nach Katzendorf. Hier empfing uns Frieder Schuller, als Künstler bekannt. Er lud uns auf einen Kaffe ein. Katzendorf mit seiner schönen Kirchenburg war die erste Gemeinde unseres jetzigen Herrn Bischofs Dr. Christoph Klein. Frieder Schuller erzählte uns von dem Jahr 1990. Als alle fortstrebten, kam er hierher und richtete sich in dem schönen Pfarrhaus ein.
Anschließend besuchten wir den Nachbarhof des inzwischen verstorbenen Andreas Müller. Der Hof ist mit Malereien und Gedichten Müllers, des letzten Organisten geschmückt. Ein Automechaniker kümmert sich nun um dieses Erbe.
In Draas angekommen, sahen wir, dass sich einiges in diesem Dorf bewegt. Sie Stiftung „Mihai – Eminescu – Trust“ (MET), dessen Schutzherr Prinz Charles ist, und die sich für den Erhalt traditioneller Dörfer einsetzt, hat auch hier Fuß gefasst. Hier sind schon viele Häuser in sich zusammengefallen und man versucht noch einiges zu retten. An der Kirchenburg wird schon gearbeitet. Das Kultusministerium ist dabei, diesen uralten Sakralbau zu retten. Für die Siebenbürger Sachsen bezeichnet dieser Ort die Grenze des sächsischen Siedlungsgebietes. (von Broos bis Draas). Jahrhunderte lang wurde hier das legendäre Schwert aufbewahrt.
Über einige Szeklerdörfer gelangten wir nach Streitfort. Die Barocke Orgel, die von Johannes Prause Mitte des 18 Jahrhunderts erbaut wurde, steht nun in Wolkendorf und so ist dieser Herkunftsort für das Wolkendorfer Presbyterium von besonderer Bedeutung. Die Kirche ist in einem schlechten Zustand und ein Teil der Decke ist schon eingefallen. Glücklicherweise wurde diese Orgel 2003 von Altdechant Klaus Daniel nach Wolkendorf verbracht, daselbst restauriert und in Anwesenheit von Bischof Dr. Christoph Klein wieder eingeweiht. Für Streitfort gibt es auch einen Hoffnungsschimmer. Die Kirchenburg soll auch in ein Restaurierungsprogramm aufgenommen werden.
Über Galt, wo wir noch die nette Heimtaustellung in der Kirchenburg besichtigten, um die sich Frau Szöcs sehr liebevoll kümmert, ging es zu unserer Endstation für den ersten Tag:nach Deutsch-Weisskirch. Hier wurden wir sehr freundlich von Caroline Fernolend empfangen, die uns Kirchenburg, Museum und Dorf im Abendrot zeigte. Deutsch-Weisskirch ist durch den großen Einsatz vom MET aufgeblüht und gehört nun als ganzes Dorf zum UNESCO – Weltkulturerbe. Heute ist Deutsch-Weisskirch einer der größten Anziehungspunkte für Touristen, und sogar für Persönlichkeiten wie Prinz Charles, Susanne Kastner, Peter Maffay u.a. Botschafter. Caroline Fernolend hat den Aufschwung nur schaffen können, soweit sie mit den Kräften vor Ort zusammen gearbeitet hat: „Da unsere Sachsen ausgewandert sind, muss man denjenigen die in den alten sächsischen Häusern wohnen, den Erhalt dieses Dorfes schmackhaft machen“. Das geschieht dadurch, dass sie auch etwas von all dem erhalten, was der Tourismus ins Dorf bringt. So gibt es eine traditionelle Ziegelbrennerei, wo die ursprünglichen Ziegel wie früher herstellt werden, eine Schmiede und sogar einen Köhler. Die Betreiber sind meistens Zigeuner. Die Zusammenarbeit klappt gut, da jeder eine eigene Firma hat. „Bei der Firmengründung wurde ihnen freilich unter die Arme gegriffen. Aber erst sobald eine Arbeit erledigt wird, gibt es Bares. Und so tun sie ihre Arbeit regelmäßig“, erzählte uns Caroline Fernolend.
Die Arbeit des MET hat sich für die Pesbyter als sehr lehrreich erwiesen. Wie kommt man an billige Materialien, woher holt man Areiter, wie erhält man den Aspekt eines Gebäudes. U.ä. Man ist ja in den Gemeinden immer wieder mit Renovierungsarbeiten von Friedhof, Schule oder Kirche konfrontiert. Der Abend schloss mit einem sehr leckeren Abendessen bei Familie Fernolend – und an Gesprächsstoff fehlte es auch nicht, nach so vielen neuen Eindrücken, die man den Tag über gesammelt hatte.
Am nächsten Tag ging unsere Reise nach Meschendorf, wo wir den 99jährigen Martin Werner antrafen, der immer noch gut beisammen ist. Jedes Jahr hat er für das traditionelle Pfingstfest des Repser Ländchens in Deutsch-Weißkirch Gedichte vorbereitet. Auch die guterhaltene Kirchenburg in Menschendorf bietet noch einen sehr schönen Anblick. In Deutsch-Kreuz trafen wir Bezirkskirchenkurator Karl Hellwig. Er steckte mitten in den Vorbereitungsarbeiten für das Laudate Konzert vom 27. Juni. Karl Hellwig würde es sehr begrüßen, wenn sich auch Gäste aus dem Burzenland zu dieser Feier aufmachen würden.
Den Abschluss bildete die Kirchenburg in Radeln. Auch hier soll einiges in Zukunft geschehen. Peter Maffay hat Pfarrhaus und Kirchenburg übernommen und ein Projekt für behinderte Kinder gestartet. So ist auch der Erhalt dieser altehrwürdigen Burg gesichert.
Diese „Nachbarschaftsreise“ war nicht nur eine Horizonterweiterung für unsere Presbyter, sie war auch mit vielen Emotionen verbunden. Die Gespräche die wir geführt haben, stärkten unser Gemeinschaftsgefühl.

Uwe Seidner / Wolkendorf

Katzendorf

Draas

Foto by Marian Radulescu

Streitfort

Foto by Marian Radulescu

UNESCO Weltkulturerbe: Deutsch – Weisskirch

Unsere Gastgeberin: Caroline Fernolend