Am 23. und 24. September besuchten Presbyter aus Wolkendorf und Neustadt verschiedene evangelische Gemeinden im Harbachtal.

Von Dr. h.c. Barbara Schöfnagel, Sozialattaché der Österreichischen Botschaft, erging eine Einladung nach Probstdorf bei Agnetheln und dieser leisteten wir Folge. Das war eine willkommene Gelegenheit, eine Presbyterialausfahrt zu unternehmen mit dem Ziel neue Gemeinden kennenzulernen und auch dazuzulernen.

Die aktuelle Lage im Harbachtal ist eine andere als die unsrige. Die Gemeinden sind arg zusammengeschrumpft und in einigen gehören zu der evangelischen Gemeinde nur noch so wenige Seelen, so dass man sie an den Fingern abzählen könnte. Vor allem interessierte es uns wie diese Gemeinden auch weiterhin leben und überleben. Auch hier gibt es altehrwürdige Kirchenburgen die zu erhalten sind und deren Erhalt eine große Aufgabe ist. Unserer Landeskirche ist es gelungen dafür ein EU-Projekt heranzuziehen. Über dieses „18 Kirchenburgenprojekt“ sollen die notwenigsten Arbeiten an Kirchenburgen vorgenommen werden, deren Zustand nicht mehr der Beste ist. Für diese Gemeinden ist das eine große Hilfe, vor allem weil die Gemeinden allein für die Konsolidierungsarbeiten die Summe Geld, die dafür erforderlich ist, hätte nie auftreiben können. Von Interesse waren also vorwiegend die Baustellen in den Kirchenburgen. Wir wollten sehen, wie gearbeitet wird, welche Arbeitsmethoden angewandt werden und welche Baumaterialien benutzt werden. Von den Projektbaustellen besuchten wir die Kirchenburgen in Schönberg, Neithausen, Trappold und Probstdorf. Unterwegs besichtigten wir aber auch weitere schöne Kirchenburgen. In Kleinschenk erfuhren wir von privatem Einsatz einer Rückkehrerin, die viel für die Gemeinde tut, aber auch für den Erhalt der Burg. In Henndorf stiegen wir auf den Dachboden, der schön hergerichtet worden ist. Auf dem Dachboden bewunderten wir die vielen verzierten Stollentruhen, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. In ihnen wurden zu Belagerungszeiten Nahrungsmittel aufbewahrt. Als letztes besuchten wir an dem Freitagnachmittag das sehr abgelegene Hundertbücheln. In dieser vom Verfall bedrohten Kirchenburg, wurde seit mehr als fünfzehn Jahren kein Gottesdienst mehr gehalten. Es gibt nur noch eine oder zwei evangelische Seelen. Am meisten beeindruckte uns die Baustelle auf der Kirchenburg in Trappold bei Schäßburg. Hier wird sehr gute Arbeit geleistet. Das hat sicher etwas damit zu tun, dass der Berliner und Wahlsiebenbürger Sebastian Bethge sich um den Erhalt dieser Burg schon seit fast zehn Jahren bemüht.

Nach vielen Eindrücken trafen wir abends im Pfarrhaus von Probstdorf ein. Heute wird im alten Pfarrhaus und der ehemaligen deutschen Schule ein sehr schön eingerichtetes Gästehaus betrieben. Hier wurden wir von Barbara Schöfnagel und Wolfgang Hosiner, beide stammen aus Österreich, empfangen. Nun gehören sie auch zu der Probstdorfer Kirchengemeinde. Seit 2006 bemüht sich die „Österreichisch-rumänische Stiftung“ um die Wiederbelebung von Probstdorf. Früher lebten fast nur Siebenbürger Sachsen in dem Dorf. Heute machen die Zigeuner die Mehrheitsbevölkerung aus. Für die Stiftung gilt es gemeinsam mit der gesamten Dorfbevölkerung ein funktionierendes Sozialsystem aufzubauen. Vor allem soll dadurch gegen die Arbeitslosigkeit vorgegangen werden um den Menschen neue Perspektiven zu eröffnen. Der Stiftung ist die Unterstützung der sozial Schwachen wichtig, mit dem Ziel, eine rasche Entwicklung auch für die Ärmsten möglich zu machen. Die Stiftung eröffnete eine Tischlerei, eine Schmiede und die Agrikultur kommt auch noch hinzu. Für die Ausbildung der Leute wurden Handwerksmeister aus Österreich eingeladen, die in Rente sind. Innerhalb kurzer Zeit konnten somit gute Handwerker ausgebildet werden. Vor allem soll das auch der klein gewordenen sächsischen Gemeinde zugutekommen. Ein gemeinsames Schaffen kann in einem kleinen Dorf von großem Nutzen sein.

Am darauffolgenden Samstag fand in Probstdorf ein „Transilvanian Brunch“ statt. Dieser findet am letzten Samstag des Monats (ab April bis September) an einem außergewöhnlichen Ort statt. Die Stiftung stellte somit ihr kulinarisches Angebot an Hausgemachtem vor. Nebenbei gibt es auch etwas thematisches, wo etwas Spezielles vorgestellt wird in Sachen Brauchtum und touristischen Angeboten. Hinzu kommen Leute aus der ganzen Umgebung, aber nicht nur. In der Begrüßungsrede erwähnte Frau Dr. Schöfnagel, dass zu dieser Gelegenheit auch Gäste aus dem Burzenland angereist sind. Bei der Feier erfreuten wir uns vor allem am „evangelischen Speck“ und der Probstdorfer Blaskapelle. Obwohl die Gemeinde Probstdorf heute nur noch knapp dreißig Seelen zählt, bringt sie noch eine Blaskapelle auf. Aus jeder Familie muss mindestens ein Mitglied bei der Blaskapelle mitmachen. Als Frau Schöfnagel sich in Probstdorf niederließ wurde ihr sofort eine Tuba in die Hand gedrückt. In kürzester Zeit erlernte sie das Instrument und heute spielt sie selbstverständlich mit.

Im Sommer bietet die Stiftung in Probstdorf auch Programm für Schüler an. Regelmäßig kommen Schüler vom Brukenthalgymnasium aus Hermannstadt in das Dorf, wo es keinen Mobilfunkempfang und kein Internet gibt und helfen fleißig mit freiwilligem Arbeitseinsatz mit.

Der Samstag neigte sich dem Nachmittag zu und über Bekokten ging es wieder zurück ins Burzenland. Beeindruckt von den Erfahrungen und Erlebnissen kamen wir wieder zu Hause an. Wir haben gesehen und gelernt wie es weitergehen kann, auch wenn wir wenige geworden sind. Vor allem aber haben wir gelernt zu schätzen, dass wir im Vergleich zu anderen Ecken in Siebenbürgen doch noch Viele in den Burzenländer Gemeinden sind und noch aus eigener Kraft noch Einiges auf die Beine stellen können.

Uwe Seidner / Wolkendorf