Vom 9.-23. August 2013 fand die 11. Begegnung dieser Art zwischen Jugendlichen aus verschiedenen Ortschaften unter der Leitung von Pfarrer László Zorán Kézdi / Heltau, Pfarrer Uwe Seidner / Wolkendorf und dipl. theol. Sylvia Kleeberg / Meißen statt. Das Thema um das man sich dieses Jahr sammelte war: „Spiritualität in ihren unterschiedlichen Ausprägungen“. Auch die Schöpfung und deren Erhalt standen im Mittelpunkt der Debatte.
Anfangs bestand diese Partnerschaft zwischen den Kirchengemeinden Heltau und Lommatzsch im Kirchenbezirk Meißen. Im Jahr 2008 wurde die Partnerschaft mit einer weiteren Kirchengemeinde Wolkendorf bereichert. Die Begegnungen finden jährlich abwechselnd in Deutschland und in Rumänien statt. Dieses Jahr waren Heltau und Wolkendorf die Gastgeber. Ein abwechslungsreiches Programm: eine ausgewogene Verknüpfung von Themenarbeit, Bergsteigen, Besichtigungsprogramm und Spaß erwartete die diesjährigen Teilnehmer.
Dieses Jahr begannen wir die Begegnung in Westsiebenbürgen. Man traf sich in Batiz. Hier unterhält die Kirchengemeinde Broos eine Jugendherberge. Von hier aus wurden verschiedene Ausfahrten ins Hatzeger Land unternommen. Der Sonntag war für den Gottesdienst bestimmt. Anschließend daran die Begegnung mit den Gemeindegliedern bei Kaffee und Kuchen.
Diese Begegnung gestattete den Gästen einen Einblick in unsere Gemeindelage. So erfuhren sie einiges über die Vergangenheit, aber auch über die Chancen und Hürden der Gegenwart in einer klein gewordenen Kirche. Darüber berichtete uns Pfarrer Wolfgang Arvay ausführlich.
Am nächsten Tag ging es ins Retezatgebirge, in den ältesten Nationalpark Rumäniens, begründet im Jahr 1935. Die Betreiber des Nationalparks erzählten uns über die Bedeutung dieses Parks. Einzigartig sind die über achtzig Gletscherseen, aber auch die Murmeltiere, die in kommunistischer Zeit hierhin verpflanzt wurden und sich seitdem drastisch vermehrt haben. Startpunkt für die Bergwanderung war die Pietrele-Hütte auf 1480 Metern. Begleitet wurde die dreißigköpfige Truppe von zwei Bergführern der Bergwacht „Salvamont“. An den beiden Tagen erstürmte die Truppe den Rezetatgipfel (2482m) und den Peleagagipfel (2509m), den höchsten im Retezatgebirge. Auch wenn es nicht allen Teilnehmern möglich war, die Gipfel zu erstürmen, war es für alle ein Erfolgserlebnis. Schon die Gletscherseen zu erreichen war ein großer Erfolg. Abends, mit der atemberaubenden Kulisse des Sonnenuntergangs vor Augen, konnte man sich natürlich gut zu einem Gespräch über Schöpfung und Bewahrung einfinden. Wichtig war uns auch die Gegenüberstellung zwischen dem biblischen Schöpfungsbericht und der wissenschaftlichen Evolutionstheorie. Als protestantische Kirche die auch von der Aufklärung her geprägt ist, ist uns Gegenüberstellung leicht möglich. Die Frage des Menschen nach seiner Herkunft und der Entstehung der Welt war schon immer gegenwärtig. Auch die Menschen des Alten Testaments haben diese Überlegungen gewagt und ihre Geschichte als einen Gang durch die Geschichte mit Gott verstanden.
Ortwin Herbert, Presbyter der Kirchengemeinde Heltau, war unser nächster Gastgeber in „Poarta Raiului“ am Fuße des Sureanu Gebirges. Nicht weit entfernt befindet sich das orthodoxe Kloster am Oasa-See. In diesem Kloster konnten die jungen Menschen sich ein erstes Bild über orthodoxe Spiritualität machen. Wir trafen Vater Sava. Das Ungewöhnliche an Vater Sava ist, dass er amerikanischer Herkunft ist. Er erzählte uns über seinen Werdegang und seine Überzeugungen. Als katholischer Christ lernte er in der russischen Literatur erstmals die Orthodoxie kennen. Das Mystische sprach ihn an. Er begab sich auf die Suche und stieß auf eine orthodoxe Gemeinde in den Staaten. Er fasste den Entschluss, Mönch zu werden. Es entsprach seinem Weltbild. Er kam zuerst nach Griechenland. Der Berg Athos gehörte zu seinen Stationen bis ein Abt ihm den Weg nach Rumänien, nach Oasa wies. Aus dem Bankier Stephen wurde Vater Sava. Mehr als zehn Jahre nun ist Vater Sava fester Bestandteil des nach der Wende gegründeten Klosters Oaşa. Es ist sein Zuhause geworden. Das Gespräch setzten wir mit einem weiteren Novizen fort: Seine Herkunft ist Graz. Der orthodox gewordene Österreicher setzte das Gespräch über Orthodoxie und Spiritualität mit uns in deutscher Sprache fort. Bruder Serafim erklärte uns, dass er in der Orthodoxie das höchste aller ihm bekannter religiösen Auslebung angetroffen habe. Wir respektierten die Stellungsnahmen der beiden Konvertiten, aber anschließend erklärten wir auch unseren Jugendlichen, dass jede Art von geistiger Beschaffenheit zu respektieren sei, und dass sich keine Spiritualität absolut setzten sollte. Spiritualität ist eben auch etwas Intimes. Glaubensüberzeugungen können auch sehr verschieden sein. Grundsätzlich richten wir aber alle unseren Blick auf Jesus Christus, der der Herr aller Kirchen ist. Keine Kirche kann sich rühmen, sie liege allein an der Brust des Herrn, wie der Apostel Johannes, der eigentlich als jüngster unter den Jüngern zur rechten Hand des Herrn zu Tische lag. Wir alle bekennen ja die Allheilige Kirche, die Una Sancta, die ungeteilte Christenheit.
Die „Transalpina“, eine der spektakulärsten Straßen führte uns in die Gegend jenseits der Karpaten. In Siebenbürgen war die konfessionelle Karte noch sehr bunt gemischt, aber jetzt befanden wir uns in einem byzantinisch geprägten Umfeld. Auch die Dichte der Klöster ist da eine ganz andere als in Siebenbürgen. Wir schlugen das Zeltlager in den Wäldern bei Horezu auf. Von hier aus besuchten wir die Sonntagsliturgie des Klosters Horezu, heute UNESCO Weltkulturerbe. Ein weiterer Einblick in die Mystik der Orthodoxie tat sich uns auf: gespendete Nahrungsmittel wurden gesegnet. Sie sollten anschließend an Arme und Bedürftige verteilt werden. Über die ehemalige Hauptstadt der Wallachei, Curtea de Arges, ging es zurück nach Siebenbürgen über Wolkendorf nach Heltau. Hier fand die diesjährige Begegnung ihren Abschluss. Kirchenburgen und Badespaß füllten den Tag. Vor der Abreise wurden nochmal die Gedanken vom Erlebten gesammelt und gefestigt.
Uwe Seidner / Wolkendorf