Vom 18. zum 25. Januar 2010 fand in Kronstadt die Ökumenische Gebetswoche für die Einheit der Christenheit statt. Geistliche der historischen Konfessionen nahmen daran teil. Gemeinsam mit Dechant Christian Plajer, Kurt Boltres und Peter Demuth durfte ich an den verschiedenen Gottesdiensten teilnehmen. Die Gebetswoche ist ein Schritt zur geistlichen Verbundenheit der Kirchen.

Als ich von der ökumenischen Gebetswoche hörte, erinnerte ich mich sofort an Früher. Man feierte sie schon vor der Wende in Stadt und Land. Jeden Abend wurde in Stolzenburg ein Gottesdienst abgehalten. Manchmal kam der evangelische Pfarrer aus Kastenholz, oder ein orthodoxe Theologe aus Hermannstadt, der sogar auf Deutsch predigte, da er die Sprache beherrschte, oder der römisch-katholische Stadtpfarrer aus Hermannstadt. Für mich als junger Christ, der ich die Farbenpracht liebte, waren diese ökumenische Gottesdienste hoch interessant, obwohl ich vielleicht nicht allzu viel verstand. Es mussten aber viele Jahre vergehen, bis ich eine ökumenische Gebetswoche wieder erleben durfte. Dann kam die Wende. Der Pfarrer aus Kastenholz kam nicht mehr; er ist ausgewandert. Die Leute der Gemeinde, die einen solchen Gottesdienst hätten besuchen sollen, waren auch nicht mehr da…

Wir schreiben nun das Jahr 2010 und in Kronstadt trifft man sich jeden Abend in den Kirchen der historischen Konfessionen, um gemeinsam für die Einheit der Christen zu beten. Auf das Wort „historische Kirche“ wird besonderer Wert gelegt. Siebenbürgen war schon europäisch knapp 500 Jahre vor der Europäischen Union. 1568 wurde in Thorenburg der Grundstein für religiöse Toleranz gelegt. Das Edikt von Thorenburg gewährte Katholiken, Lutheranern, Calvinisten (Reformierte), Unitariern und Orthodoxen (als tolerierte Religion) die gleichen Rechte. Das war für die damalige Zeit etwas Einzigartiges. Geistliche und Christen der erwähnten Konfessionen treffen sich also in unserer modernen Zeit, um für eine Einheit zu beten.

Die diesjährige Gebetswoche stand unter dem Motto: „Er ist auferstanden – und ihr seid Zeugen“ (Luk 24,48).

Seit 1968 werden die jährlichen Themen und Texte von einer gemeinsamen Kommission von Vertretern und Vertreterinnen des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) erarbeitet. Im Mittelpunkt steht ein biblisches Leitthema.

Die Begegnung mit dem Auferstandenen auf dem Weg nach Emmaus, begleitete auch unsere ökumenische Begegnung. Wie erwähnt, waren wir jeden Abend zu Gast in einer anderen Kirche. Wir besuchten die Katholiken, die Ungarisch-Evangelischen, die Unitarier, die Reformierten, die Orthodoxen und Griechisch-Katholischen. Von unserer Seite waren die Schwarze Kirche und die Bartholomäuskirche Gastgeberinnen. Die Gottesdienste waren sehr gut besucht. Da die Bänke besetzt waren, mussten die Gemeindeglieder auch noch im Eingang stehend den Gottesdienst mitverfolgen. Wahrscheinlich sind die Kirchen nur zu Heilig Abend und beim Gottesdienst der Ökumenischen Gebetswoche so voll…

Den Abschluss fand die ökumenischen Gebetswoche in der griechisch-katholischen Kirche. Die Predigt hielt Pfarrer Kurt Boltres. In seiner Predigt erwähnte er, dass die Nachbarn mittlerweile andere gewordene sind. Sachsen sind ausgewandert, Ungarn wie Rumänen haben im Ausland eine bessere Zukunft gesucht. Nun sind neue Nachbarn da. Man kennt sie nicht, aber als Nachbar muss man sich doch irgendwann mal kennenlernen. Es kommt die Zeit, dass man auf den Nachbarn eingeht und ihm Gastfreundschaft anbietet. Gute Nachbarn sind immer wichtig. So ergeht es uns auch mit unseren konfessionellen Nachbarn. Eine Woche lang durften wir Gäste und Gastgeber sein. Die Gastfreundschaft durfte vor allem nach den Gottesdiensten erfahren werden, weil die Geistlichen jeden Abend anderswo ins Gespräch kamen. Ob nun rumänisch, deutsch oder ungarisch gesprochen wurde, Hauptsache es wurde gesprochen. Man teilte Erfahrungen aus. Es wurde kommuniziert…

Tatsache ist, wir kommen aus verschiedenen Traditionen und Kulturkreisen. Wie will man eine Einheit finden, wenn man so unterschiedlich ist? Christus sprengt alle Kulturkreise. Das hat schon der Apostel Paulus feststellen müssen. Eine Einheit kann man auch in der Vielfalt finden. Allein Christus und der Glaube an seine Auferstehung kann alle Grenzen sprengen und Christen zusammenführen.

Uwe Seidner / Wolkendorf